Eine Homage an die Sanduhr
Sieben vorbei, acht verweht
Dieses Zitat hatte mich schon immer fasziniert. In vielen Büchern, die ich gelesen habe, kam diese Redewendung aus der Zeit der frühen Entdeckungen immer wieder vor.
Verstanden, was damit gemeint war, habe ich lange nicht, zugegeben, doch die Lösung ist einfach.Die vierstündige Wache geht ihrem Ende entgegen. Das siebente Halbstundenglas ist ausgelaufen, das achte und letzte Halbstundenglas läuft aus, der Sand darin verweht sozusagen.
Sieben vorbei, acht verweht.
Jetzt ist es für Jederman klar. Die Zeit der frühen Entdeckungen ist untrennbar mit der Sanduhr verbunden. Am Anfang, als die Küstenschifffahrt aufkam, war eine genaue Zeitmessung noch unerheblich. Man kannte die Gewässer genau und konnte bei Gegebenheit vor Anker gehen und abwarten.
Als jedoch um 1400 die Meere und Ozeane ohne Landkontakt befahren wurden, ohne Ruhepause für Schiff und Besatzung, musste eine Regelung der Wachzeiten eingeführt werden. Gleich lange Ruhe- und Arbeitszeiten mussten her.
Die Länge der Wache sollte die geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Seeleute berücksichtigen. Für all das benötigte man einen Zeitmesser. Mechanische Uhren sowie Wasseruhren kamen auf schwankenden Schiffen nicht in Betracht. Natürlich waren auch Feueruhren ungeeignet.
Das Messen der Zeit mit der Sonnenuhr oder mit nautischen Instrumenten war aus zwei Gründen nicht praktikabel. Einmal das Fehlen der Sonne oder je nach Schiffsrichtung erhält man nur die Ortszeit. Zum messen der Zeit für die Länge der Wache also ungeeignet. Ein anderer Zeitmesser musste also her, von Jedermann und bei jedem Wetter ables- und bedienbar.
In der Herstellung preisgünstig und einfach.
DIE SANDUHR
Die dominierende Rolle als Zeitmesser über Jahrhunderte wurde von vielen unterschätzt.
Eintragungen in Logbüchern und Zeitzeugen belegen, wie wichtig die Sanduhr war.
Die früheste Darstellung einer Sanduhr findet sich auf dem 1338 von Ambrogio Lorenzetti erschaffenen Fresko „Allegorie der Guten Regierung“ im Palazzo Pubblico (Siena).
Sanduhr schon aus einem Stück
Ausdrücklich erwähnt wird die Sanduhr bereits 1379 in einem Inventarverzeichnis Karls V von Frankreich.
Die Sanduhr war einfach, bestehend aus zwei Glaskolben, mit einem Tau und Wachs zusammen gehalten und in der Mitte ein kleines Stück Blech mit einer Öffnung , durch das der Sand rieselt. Gehalten durch ein kleines Gestell aus Holz. Manchmal mit Schnitzereien verschönert und mit Schnüren versehen zum aufhängen. Um 1750 konnte man Glaskolben aus einem Stück herstellen. Eine Öffnung zum Einfüllen des Sandes und die Metallplatte war aber immer noch nötig, bis es schliesslich den Glasbläsern gelang, die Sanduhr aus einem Stück herzustellen, und mit der gewünschten Laufdauer , so wie wir sie heute kennen. Die Entwicklung hat um die hundert Jahre gedauert. Doch wie immer auch, die Sanduhren sind zuverlässig im Gebrauch, einfach in der Bedienung. Das Glas wurde zu Beginn der Wache gewendet und lief eine halbe Stunde. Die Schiffsglocke wurde einmal angeschlagen, sobald der Sand vom oberen in das untere Glas gelaufen war. Das Glas wieder gewendet, und dann nach dem zweiten Ablauf die Schiffsglocke zweimal angeschlagen. Das ging so weiter bis das Glas acht Mal ausgelaufen war. Es ertönten nun acht Schläge an der Glocke, das Ende der Wache. Um das Zählen der Glockenschläge zu erleichtern, wurden die vollen Stunden immer als Doppelschläge ausgeführt.
Beispiel : nach drei und einer halben Stunde Wachzeit ertönten drei Doppelschläge und ein Einfachschlag, „Sieben vorbei.“
Die Dauer der Wache von vier Stunden wird sich wohl im Laufe der Zeit heraus kristalisiert haben und für praktikabel befunden.
Die niederländische Ost – Indien Kompanie kannte noch eine drei Stunden Wache, wohl mit grösserer Besatzung an Bord.
Nach der Art der Stundenzählung und der Bekanntmachung der Zeit durch das Schlagen der Glocke bildete sich der Begriff Glasenuhr.
Die mechanischen Uhren der späteren Zeit haben nicht nur den Namen Glasenuhr entlehnt, sondern haben auch ein selbsttätiges Schlagwerk im Rhythmus der Einzel- und Doppelschläge für die vierstündige Wache.
Unsere Glasenuhr
So eine Uhr ist auch bei mir an Bord. Zur Freude eines englischen Zöllners, der das Schlagen der Glocke wohl mit gezählt hatte und beim achten Schlag bemerkte , dass seine Arbeitszeit nun zu Ende war. Und hat sich augenzwinkernd und zu unserer Überraschung flugs verabschiedet.
Der Wachwechsel findet auch heute noch im vierstündigen Rhythmus statt, um 4,8,12,16,20 und 24 Uhr.
Auf das Wenden der Sanduhr zum richtigen Zeitpunkt, darauf wurde auf den Schiffen verständlicher Weise sehr grossen Wert gelegt. Ein verspätetes Wenden oder gar ein zu frühes Wenden brachte für den Wachwechsel eine grosse Unruhe ins Schiff und es standen empfindliche Strafen auf das manipulieren von Bordinstrumenten.!
Eine Kontrolle über den Wachwechsel hatte natürlich auch der Kapitän. In seiner Kajüte hing oft eine Sanduhr mit einer Laufzeit von vier Stunden.
Vielfach dokumentiert und erwähnt sind Aufzeichnungen in den Schiffsjournalen, unter anderem auch von Christoph Columbus 1492 der mehrere halbstündige Sanduhren „ Ampolettas „ an Bord hatte.
Sanduhren gab es nicht nur zur Regelung der Wachzeiten, man brauchte sie auch um die Geschwindigkeit zu messen. So gab es Sanduhren mit einer Laufdauer von 10 und 15 bis 30 Sekunden für das Log.
Log mit Sanduhr und Kompass
A. Schück Hamburg
So unentbehrlich die Sanduhr zu jener Zeit auch war, eine Präzisions – Uhr war sie natürlich nicht.
Das zeigt die Geschichte vom französischen Admiral René Duguay – Troin. Sein Geschwader in Spitzbergen vom Nebel überrascht, driftete auseinander. Als sie nach 9 Tagen zurück fanden, hatten sie eine Zeitdifferenz von 10 Stunden festgestellt. So hoch im Norden konnte sie weder den Tag noch die Nacht unterscheiden. Oder die englische Navy, die vor den Scillyinseln scheiterten und 400 Seemänner verloren.
Das dazu führte, mit einer Prämie von 20 000 Pfund, eine horrende Summe zu jener Zeit, eine präzise Uhr zu entwickeln. Das Ergebnis war die vom genialen Uhrmacher hergestellte und genannte Harrison Watch. John Harrison,1693-1776.

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